Das Rauchen offenbart mir mein Suchtpotential auf eine andersartige, noch deutlichere Art und Weise als der Alkohol. Alkohol entfaltet wenigstens zeitweise eine scheinheilige positive Wirkung und zeigt erst nach hinten raus seine böse Fratze, was ich von meiner Nikotinabhängigkeit nicht behaupten kann.
Beim Rauchen kommt es mir so vor, als ob mein Suchtgehirn das Nikotin zwar wohlwollend zur Kenntnis nimmt, mir aufgrund seiner umfassenden Alk-Erfahrung aber gleichzeitig suggeriert: „Das kann doch noch nicht alles gewesen sein?!“. Und so versuche ich mit ungeheuerlichem Nikotinkonsum meinem Suchthirn einen Zustand zu bieten, der sich mit Nikotin aber nicht abbilden lässt. Das Kuriose dabei: Das Rauchen ist, im Gegensatz zu Alkohol, sofort und in jeder Beziehung widerlich. Im Grunde fühlt es sich von A bis Z sofort beschissen an. Es schmeckt ekelerregend, die Nikotindröhnung saugt sofort unheimlich viel Energie und Motivation, vor allem für geistig anspruchsvollere Tätigkeiten. Ich fühle mich ausgelutscht und es stört unheimlich die Schlafhygiene. Verpasse ich mir, nach einer Woche Abstinenz, Samstags eine Nikotindröhnung, sind vollkommen abgedrehte Alpträume vorprogrammiert. Rauche ich mehrere Tage durch, bleibt dieser Effekt, vermutlich wegen Gewöhnung, aus. (…)
Im Gegensatz zum Alk, triggern mich beim Nikotin andere Raucher extrem an. Unsere Nachbarin, selber starke Raucherin, kommt gerne und regelmäßig zum Plauschen vorbei und ich stecke mir trotz bester Vorsätze auch eine mit an. Am Sonntag des EM-Endspiels wollte ich nicht rauchen und befand mich schon auf einem guten Weg. Dann kam mein Schwager vorbei, der Lebenslang raucht und ich war sofort mit von der Partie. (…)
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